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Leitungsgebundenes Störpotential
Leitungsgebundenes Störpotential

Störpotentiale können auf verschiedenen Wegen auf die Umgebung wirken. Im Bild ist dargestellt, welche Arten von Koppelmechanismen zur Übertragung grundsätzlich möglich sind.
 
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Die Taktung am Ausgang wirkt natürlich zurück auf den netzseitigen Anschluss. Mit Hilfe von Messgeräten kann der Taktungsvorgang in der netzseitigen Stromaufnahme nachgewiesen werden. Zum Tragen kommt die Taktfrequenz (größer 2 kHz) und natürlich die zugehörigen Oberschwingungen. Die Stärke ist aber im Allgemeinen gering und wird meistens bei modernen Frequenzumrichtern durch interne Filterschaltungen oder durch Vorschalten eines eigenen Stromrichtertransformators bedämpft. Falls diese Maßnahmen nicht vorhanden sind, schaltet man ein Filter oder Netzdrosseln vor den Umrichter.

Wirkungen in der Motorzuleitung (Nahfeld)

Ausgangspunkt ist ein willkürlich gewählter Schaltzustand des Wechselrichters. Die stromführenden Leistungshalbleiter sind vereinfacht als elektrische Verbindung eingezeichnet. In diesem Schaltzustand sind die Leiter-Leiter-Kapazitäten mit einer bestimmten Polarität geladen. Das folgende Bild soll die Abläufe verdeutlichen.

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Der Ladezustand ergibt sich für jeden Kondensator je nachdem welche Pole der Zwischenkreisspannung an seine Anschlüsse durchgeschaltet sind. Wird nun irgendein anderer Leistungshalbleiter angesteuert und der obere Leistungshalbleiter gesperrt, fließt ein Entladestrom, da beide Pole des Kondensators zwischen Leiter 1 und Leiter 3 jetzt auf dem negativen Potential der Zwischenkreisspannung liegen. Zusätzlich fließt ein Ladestrom auf dem anderen Leiter, da die Pole des Kondensators zwischen Leiter 2 und Leiter 1 jetzt mit unterschiedlichen Potentialen der Zwischenkreisspannung verbunden sind. Beide Ströme addieren sich und überlagern sich dem Betriebsstrom des Motors. Das Bild zeigt den prinzipiellen Verlauf des Umladestromes.

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Wird nun im ersten Brückenzweig wieder der obere Leistungshalbleiter angesteuert und der untere Leistungshalbleiter gesperrt, laufen die Vorgänge in entgegengesetzter Richtung ab. Die Größe und Dauer der Lade- und Entladeströme wird bestimmt durch die Größe der Leiter-Leiter-Kapazitäten und die Ersatzimpedanz des Motorkabels und des Wechselrichters, die überwunden werden muss.

Die Aufteilung des Stromflusses innerhalb des Brückenzweiges zwischen Leistungshalbleiter und Freilaufdiode ist abhängig vom überlagerten Betriebsstrom des Motors.

Grundsätzlich ist zu erkennen, dass die Energie zum Aufladen der Leiter-Leiter-Kapazitäten aus dem Zwischenkreiskondensator entnommen wird. Beim Entladen der Leiter-Leiter-Kapazitäten wird diese Energie im Wechselrichter und in der Motorleitung in Wärme umgesetzt.

In Summe haben die parasitären Leiter-Leiter-Kapazitäten folgende unerwünschte Auswirkungen:
Die Verluste im Motorkabel und im Wechselrichter werden erhöht.
Die hohen Stromspitzen können zur Beschädigung des Wechselrichters führen.
Die impulsförmigen Anregungen im Motorkabel können zur Ausbildung elektrischer Wellen führen. Im Ergebnis wird der Motor mit deutlich höheren Spannungen als der Zwischenkreisspannung belastet, was zur Schädigung seiner Wicklungsisolation führen kann.

Die durch die parasitären Leiter-Leiter-Kapazitäten hervorgerufenen galvanischen Störungen betreffen damit im Wesentlichen den Antrieb selbst. Es handelt sich um eine systemeigene Beeinflussung. Da aber die Systemkomponenten

  • Motor
  • Motorkabel
  • Stellgerät

erst bei der Montage von Maschinen und Anlagen miteinander kombiniert werden, kann dieses Problem nicht vom Hersteller gelöst werden. Er kann lediglich entsprechende Projektierungsvorgaben machen, die vom Anwender umzusetzen sind.

Neben den Leiter-Leiter-Kapazitäten rufen auch parasitäre Leiter-Erde-Kapazitäten unerwünschte Umladeströme hervor. Das Bild verdeutlicht die Gegebenheiten. Hierbei ist durch die Umladeströme mit einer magnetischen Einkopplung in benachbarte Stromkreise zu rechnen, die durch die hohe Frequenz in der Übertragung noch begünstigt werden.

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Die unkontrollierte Ausbreitung dieser Ströme und deren Wirkungen auf andere Verbraucher wird dabei durch ein TN-C-System unterstützt. Im TN-S-System werden diese Ströme auf die genau bekannten Leiter beschränkt sein, die die Erdverbindung herstellen.

Wirkungen im Motor

Die durch Taktung hervorgerufenen Umladeströme werden ebenfalls die Wicklungsisolation des Motors zusätzlich belasten und auch hier zusätzliche Ableitströme verursachen. Die Art der Belastung ist vergleichbar mit der Belastung der Motorzuleitung.

Wirkungen auf Schutzschaltungen

Oftmals werden Fehlerstromschutzeinrichtungen (RCD oder FI-Schutzschalter) vor einen Frequenzumrichter geschaltet. Diese Elemente haben die Aufgabe, bei Auftreten eines Fehlerstromes den betreffenden Stromkreis abzuschalten. In Zusammenhang mit Frequenzumrichtern können diese Ströme auch Gleichströme sein, deswegen müssen allstromsensitive Bauelemente eingesetzt werden. Leider weisen alle Filterschaltungen, geschirmte Kabel und auch Frequenzumrichter betriebsbedingte Ableitströme auf, die keine Fehlerströme sind. Die ordnungsgemäße Funktion von RCD kann dadurch in Frage gestellt werden. Je nach Art der Filter, Kabel und Frequenzumrichter kann die Summe der betriebsbedingten Ableitströme eine Auslösung dieser Schutzeinrichtungen verursachen. Hier bleibt, außer der Verwendung von ableitstromarmen Filterschaltungen nur wenig Spielraum. In Einzelfällen kann ein störungsfreier Betrieb nur durch die Errichtung eines IT-Netzes sichergestellt werden.